Sakrale Projekte | Evangelisch
Ev. Kirche, Kirn, Nahe


Chorraum von Osten, 1484 im Gewölbe datiert


Beschreibung der Ev. Kirche in Kirn
Entnommen aus: Die Kunstdenkmäler des Kreises Kreuznach, 1936

Die evangelische Kirche Kirn, ehemalige Pankratiusstiftskirche, gehört als Sitz eines Erzpriesters wohl zu den ältesten Gründungen. Vielleicht weist der hl. Pankratius auf eine Gründung durch das Erzstift Magdeburg, das im Jahre 966 zahlreiche Güter im Nahegau geschenkt erhielt. Um 1200 wird die Kirche erstmals erwähnt. In der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts werden auf einen älteren Turmstumpf die Dreieckgiebel mit dem Rautendach aufgesetzt.
Auf Antrag der Wild- und Rheingrafen Johann und Gerhard wurde im Jahre 1467 die Pfarrkirche zu einer Stiftskirche erhoben. Dies war wohl die Veranlassung zum Umbau der Kirche. Damals wurden der schöne Chor und die Sakristei angebaut und die ursprünglich romanische Basilika wiederhergestellt und verändert. Die Aufstellung des Sakraments-häuschens im Jahr 1482 bezeichnet wohl das Ende dieser Bauzeit.
Im Jahr 1536 wurde der letzte Stiftsherr eingesetzt und im Jahr 1543 erscheint der erste evangelische Pfarrer. Im Jahre 1680 wird der Chor mit einem Kostenaufwand von 300 Talern wiederhergestellt und durch die Franzosen den Katholiken zugewiesen. Eine weitere Wiederherstellung findet im J. 1754 und 1776 statt, wobei die Denkmäler neu aufgestellt werden. Aus dieser Zeit stammen auch die jetzt im hessischen Landesmuseum zu Darmstadt stehenden Altäre (seit 1994 in der kath. Kirche Kirnsulzbach).

Infolge der Hochwasserschäden vom J. 1875 ward die Kirche 1890 geschlossen. Nach Lösung des Simultaneums im Jahr 1891 wurde ein neues Langhaus in gotischen Formen durch Architekt Wiethase an den stehen bleibenden Teil des alten Chors und Turms angebaut und der Turm um ein Geschoss erhöht. Am 31.3.1895 fand die Neueinweihung statt.
Die Kirche ist eine neugotische Hallenkirche mit spätgotischem Chor und südöstlich an den Chor angelehnten romanischen Turm. Der Turm stammt im Unterbau noch aus dem 11.-12. Jh. und erhebt sich in vier ungegliederten, durch Gesimse abgesetzten Geschossen, deren oberstes je ein gekuppeltes rundbogig geschlossenes Schallfenster hat. Ein diesem gleiches fünftes Geschoss wurde im Jahre 1895 eingeschoben.
Die Turmlösung weist in ihrem oberen Abschluss auf mittelrheinische Vorbilder dieser Art. Der Chor gehört in seiner weiträumigen Stattlichkeit zum Besten, was wir aus der zweiten Hälfte des 15. Jh. im Nahegebiet haben.
Die Kirche ist reich ausgestattet an Grabmalen des Wild- und Rheingräflichen Hauses.

Das ehem. Sakramentshäuschen von 1482 ist jetzt in der katholischen Pfarrkirche Kirn.


Aus dem Kirchenführer der Gemeinde von 1975:

Simultankirche
Unsere Kirche wurde durch höhere Anweisung vom 21. Februar 1684 zur Simultankirche bestimmt und durch die Franzosen 1685 in allen Kirchen der Rheingrafschaft der Simultangottesdienst eingeführt. Die Katholiken benutzten den Chorraum, die Evangelischen das Langhaus. Das hiesige Simultanverhältnis währte bis zum 26. Mai 1891.

Beendigung der Religionsstreitigkeiten
Als Fürst Johann XI. Dominik Albert (geb. 29.7.1708, gest. 2.6.1778) die Regierungs-geschäfte in Kirn übernahm, wurden die Streitigkeiten der vorangegangenen Simultanzeit beendet, denn der Fürst förderte beide Glaubensrichtungen. Er regierte das Amt Kyrburg gemeinsam mit seinem Bruder Philipp Joseph (geb. 21.7.1709, gest. 7.6.1779). Viele kirchliche Stiftungen sind ihm zu verdanken. Fürst Dominik starb unverheiratet und wurde in der Gruft der Piaristenkapelle beigesetzt, wo auch sein Bruder Philipp Joseph und die 1790 verstorbene Gemahlin des Fürsten Friedrich III. von Salm-Kyrburg (Erbauer von "Haus Gravius", Teil der sog. Amalienlust in Kirn) geborene Prinzessin Johanna Franzisca Antonia von Hohenzollern-Sigmaringen ihre Ruhestätte fand. Später wurden alle Drei in die Kirche überführt. Fürst Dominik bekam seinen Platz in der Mitte des Chorraumes vor dem ehem. Hochaltar. Neben ihm, zum Piaristenkloster hin, Fürst Philipp Joseph und zur Sakristei hin Prinzessin Johanna Franzisca Antonia.




Renovierungsbericht
zur Heizungserneuerung und Renovierung des Kirchenschiffes im Jahre 1992:

Zunächst wurde für die Kirche eine neue Heizung konzipiert. Zur Ausführung kam eine Mahr-calorheizung mit sieben Wärmestationen. Der alte zwei Meter tieferliegende Heizraum wurde angehoben und zum Lagerraum umfunktioniert, die neue Heizung wurde wegen der Hochwassergefahr des angrenzenden Bachlaufes in Emporenhöhe über dem ehem. Heizraum untergebracht. Bei den Erdarbeiten für die Heiztruhen fand man in Höhe des früheren Fußbodens, etwa ein Meter unter dem jetzigen Belag, alte Grabplatten. Diese wurden geborgen und an der südlichen Rückwand des Langhauses aufgestellt.
Die beiden großen Säulen im Mittelschiff waren weit über die Fußbodenhöhe durchfeuchtet. Freilegung der beiden Fundamente bis etwa einen Meter tief um die Säulen herum mit Abluftgitter sorgen für eine dauerhafte Trocknung und damit für einen schadenfreien Anstrich.

Nach der Einrüstung des Langhauses und des Chorraumes wurden zunächst restauratorische Untersuchungen vorgenommen. An den Gewölbe- und Wandflächen konnten Reste der neugotischen Ausmalung im Schiff und Reste der gotischen Ausmalung im Chorraum festgestellt werden. Die Kirchengemeinde entschloss sich daraufhin, das Langhaus und den Chorraum nach Befund wieder farbig zu fassen. Diese Neuausmalung wurde von der Restauratorin Juliane Maria Reinhardt aus der Werkstatt Peter Laros, Bodenheim, ausgeführt.

Die Altarplatte ruhte auf vier Löwen, die ursprünglich die Grabplatte des Wild- und Rheingrafen Gerhard trugen. Diese war an der Wand links vor der Kanzel aufgestellt und wurde nun samt der vier Löwen im Seitenbereich des Chorraumes neu aufgestellt. Diese sog. Tumba ist eine der wenigen noch in Rheinland-Pfalz erhaltenen Zeugnisse des 15. Jh., die noch in ihrer original Farbfassung unter der Dispersionsfarbe erhalten ist. Die Freilegung dieser Fassung wurde aus Kostengründen zurückstellt. Die neugotische Altarplatte wurde an gleicher Stelle wie bisher in den Sandsteinboden eingelassen und trägt nun den neuen beweglichen Holzaltar. Dieser wurde nach Entwurf des Architekten aus fünf Teilen gefertigt, vier Unterteile auf Kreuzform gestellt, darüber eine Mensa mit umlaufendem Fries aus flachen quadratischen Pyramiden.

Eine neue Beleuchtung der Fa. Gotthold Schönwand, Nordeck, im Langhaus und Lampen der Fa. Pese, Trier, im Chorraum sorgen für eine festliche Raumbeleuchtung.